Die Wirtschaft in Brandenburg hat der Landesregierung einen umfangreichen Forderungskatalog für einen beschleunigten Bürokratieabbau und eine Entlastung der Unternehmen vorgelegt. Damit sollen Aufwand und Kosten der Betriebe spürbar sinken und Planungs- und Genehmigungsverfahren rascher vorankommen. Zudem erhofft sich die Wirtschaft insgesamt eine nachhaltige Dynamik für den Investitionsstandort Brandenburg. Damit richten sich die Verbände und Kammern des Landes an Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke, um der Politik konkrete Vorschläge zum Bürokratieabbau zu unterbreiten.

Neue Gesetze und Regelungen hätten in den vergangenen Jahren bei den Firmen für immer mehr Aufwand gesorgt, bemängeln die Unternehmen. Auch die Verwaltung leide unter der wachsenden Dichte an Vorschriften. Eine Entlastung würde also beiden Seiten nutzen, argumentieren die Wirtschaftsvertreter. Sie schlagen unter anderem eine Belastungsbremse für neue Bürokratie vor. Für jeden Zusatzaufwand durch ein neues Gesetz brauche es eine Entlastung in doppelter Höhe. Mit einer solchen „One-in-two-out“-Regelung könne Brandenburg Vorreiter beim Bürokratieabbau werden. Zudem solle ein mit Fachleuten besetzter Normenkontrollrat dafür sorgen, dass sich neue Gesetze mit so wenig Aufwand und Kosten wie möglich umsetzen lassen. Ein solches Gremium habe sich auf Bundesebene und in einigen Bundesländern bewährt.

Zudem regt die Wirtschaft an, amtliche Genehmigungen zu beschleunigen. Widerspreche ein Amt einem Antrag nicht binnen einer gewissen Frist, solle dieser als genehmigt gelten (Genehmigungsfiktion). Zudem solle das Vergaberecht mittelstandsfreundlicher gestaltet werden, etwa durch mehr Flexibilität für Kommunen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Auch eine einfachere Bauordnung für Brandenburg wünscht sich die Wirtschaft. Daneben verlangen die Unternehmen, weniger statistische Daten an den Staat melden zu müssen.

Einen zentralen Hebel für weniger Bürokratiekosten sehen die Firmen zudem in der Digitalisierung der Verwaltung. Kontakte der Firmen zu den Behörden und deren Dienstleistungen müssten durchgängig online möglich sein. Die Wirtschaft verweist hier auf das Onlinezugangsgesetz des Bundes, dem zufolge 575 Prozesse längst digitalisiert sein sollten. Brandenburg liege bei der Umsetzung dieses Gesetzes bundesweit auf einem hinteren Platz. Wer beispielsweise ein Gewerbe anmelden wolle, müsse dazu persönlich auf dem Amt erscheinen und könne es nicht digital erledigen. Das Organisationskonto auf ELSTER-Basis müsse zum zentralen Kommunikationsmittel zwischen Wirtschaft und Verwaltung werden.

Große Erwartungen setzt die Wirtschaft in den Bund-Länder-Pakt zur Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung. Er müsse schnell und konsequent Realität werden. Darüber hinaus müsse sich Brandenburg auf der Bundesebene für weniger Bürokratie einsetzen. Die jüngsten Vorschläge etwa zum vierten Bürokratie-Entlastungsgesetz des Bundes blieben deutlich hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück.

Stefan Moschko, Präsident der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), sagte: „Unternehmerinnen und Unternehmer empfinden die übermäßige Bürokratie als eine echte Plage. Gerade in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage wirkt die immer weiter zunehmende Regelungsdichte wie eine zusätzliche Belastung. Mit einem Befreiungsschlag auch auf der Landesebene kann die Regierung ein wichtiges Signal setzen. Das wäre wie ein kostenloses Konjunkturprogramm für das Land.“

Ina Hänsel, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Potsdam, sagte für die IHKs des Landes Brandenburg: „Die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren wirkt sich nachteilig auf den Wirtschaftsstandort Brandenburg aus und wird von den Unternehmen als wachsendes Investitionshemmnis gesehen. Vom Bauantrag bis zu umweltrechtlichen Geneh-migungen: In der aktuellen Konjunkturbefragung sehen über die Hälfte der Befragten (54 Prozent) die zähe Bearbeitung von Anträgen als hinderlich für Investitionen an – im Jahr 2017 waren es noch 45 Prozent. Die Effizienz in märkischen Amtsstuben bezeichnen insge-samt 65 Prozent unserer Mitgliedsbetriebe als Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region. Im Jahr 2017 waren das noch 46 Prozent.

Robert Wüst, Präsident des Handwerkskammertages Land Brandenburg, sagte: „Die übermäßige Bürokratie setzt auch das brandenburgische Handwerk unter enormen Druck. Handwerker verbringen mehr und mehr wertvolle Zeit am Schreibtisch, die sie effektiver in der Werkstatt oder auf Baustellen für ihre eigentliche Arbeit nutzen könnten. Die Belastungen beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe, behindern Innovation und treiben die Kosten auch für Verbraucher in die Höhe. Wir fordern deshalb seit Langem immer wieder eine dringende Vereinfachung administrativer Prozesse und Genehmigungsverfahren zum Beispiel bei Baumaßnahmen, eine kritische Überprüfung der Auflagen und Nachweispflichten bis hin zur (vorläufigen) Aussetzung, wenn sie an den Lebenswirklichkeiten vorbei gehen. Wir brauchen eine Landespolitik, die die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen kleiner und mittelständischer Handwerksbetriebe berücksichtigt.“

Hier kommen die Vorschläge zum Bürokratieabbau

Bürokratielasten Brandenburg_Anlagen